Israelische Angriffsdrohnen: Die Bundeswehr trifft eine falsche Wahl
Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab dem deutschen Verteidigungsministerium am 31. Mai 2017 grünes Licht für den Plan, zunächst fünf bewaffnungsfähige israelische Drohnen von der europäischen Firma Airbus Defence zu leasen, die durch die Firma Israeli Aerospace Industries (IAI) hergestellt und gewartet werden. Der Haushaltsausschuss des Bundestags soll voraussichtlich am 21. Juni nach Beratung des Verteidigungsausschusses über die Beschaffung endgültig abstimmen.
General Atomics, der Hersteller der “Reaper”- und “Predator”-Drohnen, unterlag in den Verfahren gegen die Bundesregierung vor dem OLG Düsseldorf; dadurch wurde der Weg frei, um bewaffnungsfähige “Heron”-Drohnen des israelischen Unternehmens IAI zu leasen. Wir sind natürlich gegen die Herstellung von jeglichen Killerdrohnen, ob sie nun in den USA oder Israel oder auch in anderen Ländern produziert werden.
Die unbemannten Luftfahrzeuge (UAVs) des Typs “Heron” sollen auf dem Flugplatz der IDF (Israeli Defense Forces) in Tel Nof in Israel stationiert werden. Heron-Drohnen sind sehr groß gebaut, um schwere Raketen zu tragen; sie sind keineswegs als Aufklärungsdrohnen konzipiert worden.
Die Bundeswehrsoldaten, die die Drohnen steuern sollen, sollen dort vor Ort trainiert werden. Sowohl die Steuerung der israelischen Drohnen als auch die Auswertung ihrer Daten könnten vom Stationierungsflughafen der Basis in Tel Nof oder aber vom Einsatzflughafen eines der Mandatsgebiete der Bundeswehr (z. B. von Afghanistan oder Mali) und ebenso von Deutschland aus (z. B. vom Stützpunkt des 51. Luftwaffengeschwaders in Jagel) durchgeführt erfolgen.
Zum ersten Mal würden deutsche Soldaten Zugriff auf Drohnen haben, die bewaffnet werden könnten. Die Drohnen könnten Raketen tragen. Auf der Basis in Israel wären sie in Flugdistanz zu benachbarten Ländern stationiert, mit denen Deutschland sich noch nicht im Krieg befindet.
Bewaffnete Drohnen sind äußerst gefährlich. Nicht, weil sie tödlicher als andere Waffengattungen (beispielsweise durch Aufklärungsdrohnen geleitete Artillerie) sind, sondern vor allem auch deshalb, weil sie eine zusätzliche Distanz zwischen Killer und Opfer schaffen. Die Tatsache, dass ein einzelner Drohnenpilot mehrere Drohnen bedienen und vielen Menschen in weit entfernten Ländern ums Leben bringen kann, macht es für Regierungen leichter, übermäßige Gewalt auszuüben, und verringert das politisches Risiko, dass jemand aus den damit betrauten Truppen die Verbrechen öffentlich macht.
Anders als Soldaten üben bewaffnete Drohnen Gewalt ohne menschliches Gesicht und mit geringerer Rechenschaftspflicht aus. Bevölkerungsgruppen in Afghanistan und im Gaza-Streifen leben im Zustand ständiger Angst vor einem überraschenden Angriff. Es konnte gezeigt werden, dass bewaffnete Drohnen weniger gut unterscheiden können als vom Hersteller vorgegeben, und häufiger unbeteiligte, unschuldige Zivilisten töten.[1]Drohnenpiloten können Menschen zwar ohne eigenes Risiko töten; sind jedoch – mehr als andere Soldaten – schwerwiegenden psychischen Belastungen ausgesetzt.[2]
Westliche Generäle haben bewaffnete Drohnen benutzt, um Terrororganisationen zu imitieren.[3] Diese Waffen wurden im Wesentlichen nicht entwickelt, um eine taktische Kapazitätslücke zu schließen, sondern eher um Selbstmordattentätern ein gleichwertiges Abschreckungsmittel entgegenzusetzen.[4] So wird das von der IAI entwickelte und als “Bummelkriegsgerät” bezeichnete UAV “Harop”[5] inoffiziell auch “Selbstmorddrohne” genannt. Aus Frustration darüber, dass es keine militärische Antwort auf die von Terrororganisationen geschickten Selbstmordattentäter gibt, hat IAI eine Technologie entwickelt, die Selbstmordattentäter nachahmt, allerdings ohne selbst ein menschliches Opfer bringen zu müssen. Die deutsche Regierung sollte doch wissen, dass die Antwort auf den Terrorismus nicht noch mehr Terrorismus sein kann.IAI zu unterstützen, wäre ein gravierender politischer Fehler. IAI ist ein Unternehmen, das in einem Morast der Korruption steckt und wenig Respekt vor Menschenleben zeigt. Es ist das größte Rüstungsunternehmen in Israel; gegen hochrangige Führungskräfte und Betriebsratsmitglieder laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Korruption.
IAI brüstet sich auf Rüstungsgütermessen und in ihren Publikationen immer wieder damit, dass sie ihre Waffen in den besetzten palästinensischen Gebieten teste: zum Beispiel während des israelischen Angriffs auf Gaza im Sommer 2014, der 2.000 Palästinenser – mehrheitlich Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder – das Leben gekostet hat. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen gehen von mehreren Kriegsverbrechen aus.
Menschenrechtsorganisationen haben herausgefunden, dass 497 der von der israelischen Armee in dem Einsatz „Protective Edge“ 2014 in Gaza getöteten Zivilisten, durch Drohnen getötet wurden.[6] Die israelischen Streitkräfte haben dabei die von IAI entwickelte bewaffnete Heron-Drohne eingesetzt. Der Tod, den diese Drohne in Gaza brachte, wird nun vermarktet, um die Drohne dem deutschen Militär zu verkaufen.
Für IAI sind solche Deals, nicht zuletzt zur Legitimierung ihrer Geschäfte, äußerst wichtig. Wie das ECCP (European Coordination of Committees and Associations for Palestine) nachgewiesen hat, durfte die IAI Rüstungstechnologien als zivil nutzbar umwidmen und so illegal in den europäischen Forschungsvertrag Horizon 2020 einbringen.[7] Über die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat IAI bereits die israelische Presse informiert, um ihre Rüstungsgüter an weitere Kunden verkaufen oder verpachten zu können. [8]
Es sollte noch erwähnt werden, dass Waffengeschäfte gewöhnlich auf Gegenseitigkeit beruhen. Deutsche Rüstungsunternehmen können erwarten, dass die israelische Regierung bei ihnen Rüstungsgüter kaufen wird, wenn die Bundeswehr bewaffnungsfähige israelische Drohnen erwirbt. Dies würde zu einer weiteren Bewaffnung des israelischen Militärs mit deutschen Rüstungsgütern und folglich zu einem bundesdeutschen Rüstungsexport in eine Konfliktregion führen.
Israel ist eine Besatzungsmacht im Nahen Osten, die US-amerikanische und europäische Waffen einsetzt, während sie das Völkerrecht verletzt und zivile Ziele angreift. Weder Israel noch andere Staaten in der Region sollten mit Waffen beliefert werden; es sind nicht zuletzt die Waffenlieferungen, die die ohnehin hochexplosiven militärischen Konflikte in der Region verschärfen. Anstatt die Waffenindustrie zu unterstützen, sollte die Bundesregierung sich für eine friedliche Politik einsetzen, die die Sicherheit der israelischen Bevölkerung sowie aller Menschen, die in der Region leben, langfristig garantiert.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, die der Beschaffung der bewaffnungsfähigen israelischen Drohnen zustimmen, machen sich dadurch mit Verbrechen der israelischen Armee gemein.
Wir fordern daher die Abgeordneten im Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Bundestags auf, die Beschaffung der Drohnen abzulehnen.
Die Bundesregierung fordern wir auf, dem Leasing der von der IAI entwickelten Drohnen nicht stattzugeben sowie überdies keine weiteren Rüstungsgeschäfte mit Israel zu unterhalten und alle Waffenlieferungen in Konfliktregionen unverzüglich einzustellen.
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Eine Stellungnahme von Dr. Shir Hever im Namen des Vorstands der Jüdischen Stimme
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Dr. Shir Hever hat in der Frei Universität in Berlin promoviert. Er ist ein Journalist für The Real News Network, und ein Vorstandsmitglied der Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost. Sein nächstes Buch The Privatization of Israeli Security wird bald von Pluto Press in London veröffentlichtet.
General Atomics, der Hersteller der “Reaper”- und “Predator”-Drohnen, unterlag in den Verfahren gegen die Bundesregierung vor dem OLG Düsseldorf; dadurch wurde der Weg frei, um bewaffnungsfähige “Heron”-Drohnen des israelischen Unternehmens IAI zu leasen. Wir sind natürlich gegen die Herstellung von jeglichen Killerdrohnen, ob sie nun in den USA oder Israel oder auch in anderen Ländern produziert werden.
Die unbemannten Luftfahrzeuge (UAVs) des Typs “Heron” sollen auf dem Flugplatz der IDF (Israeli Defense Forces) in Tel Nof in Israel stationiert werden. Heron-Drohnen sind sehr groß gebaut, um schwere Raketen zu tragen; sie sind keineswegs als Aufklärungsdrohnen konzipiert worden.
Die Bundeswehrsoldaten, die die Drohnen steuern sollen, sollen dort vor Ort trainiert werden. Sowohl die Steuerung der israelischen Drohnen als auch die Auswertung ihrer Daten könnten vom Stationierungsflughafen der Basis in Tel Nof oder aber vom Einsatzflughafen eines der Mandatsgebiete der Bundeswehr (z. B. von Afghanistan oder Mali) und ebenso von Deutschland aus (z. B. vom Stützpunkt des 51. Luftwaffengeschwaders in Jagel) durchgeführt erfolgen.
Zum ersten Mal würden deutsche Soldaten Zugriff auf Drohnen haben, die bewaffnet werden könnten. Die Drohnen könnten Raketen tragen. Auf der Basis in Israel wären sie in Flugdistanz zu benachbarten Ländern stationiert, mit denen Deutschland sich noch nicht im Krieg befindet.
Bewaffnete Drohnen sind äußerst gefährlich. Nicht, weil sie tödlicher als andere Waffengattungen (beispielsweise durch Aufklärungsdrohnen geleitete Artillerie) sind, sondern vor allem auch deshalb, weil sie eine zusätzliche Distanz zwischen Killer und Opfer schaffen. Die Tatsache, dass ein einzelner Drohnenpilot mehrere Drohnen bedienen und vielen Menschen in weit entfernten Ländern ums Leben bringen kann, macht es für Regierungen leichter, übermäßige Gewalt auszuüben, und verringert das politisches Risiko, dass jemand aus den damit betrauten Truppen die Verbrechen öffentlich macht.
Anders als Soldaten üben bewaffnete Drohnen Gewalt ohne menschliches Gesicht und mit geringerer Rechenschaftspflicht aus. Bevölkerungsgruppen in Afghanistan und im Gaza-Streifen leben im Zustand ständiger Angst vor einem überraschenden Angriff. Es konnte gezeigt werden, dass bewaffnete Drohnen weniger gut unterscheiden können als vom Hersteller vorgegeben, und häufiger unbeteiligte, unschuldige Zivilisten töten.[1]Drohnenpiloten können Menschen zwar ohne eigenes Risiko töten; sind jedoch – mehr als andere Soldaten – schwerwiegenden psychischen Belastungen ausgesetzt.[2]
Westliche Generäle haben bewaffnete Drohnen benutzt, um Terrororganisationen zu imitieren.[3] Diese Waffen wurden im Wesentlichen nicht entwickelt, um eine taktische Kapazitätslücke zu schließen, sondern eher um Selbstmordattentätern ein gleichwertiges Abschreckungsmittel entgegenzusetzen.[4] So wird das von der IAI entwickelte und als “Bummelkriegsgerät” bezeichnete UAV “Harop”[5] inoffiziell auch “Selbstmorddrohne” genannt. Aus Frustration darüber, dass es keine militärische Antwort auf die von Terrororganisationen geschickten Selbstmordattentäter gibt, hat IAI eine Technologie entwickelt, die Selbstmordattentäter nachahmt, allerdings ohne selbst ein menschliches Opfer bringen zu müssen. Die deutsche Regierung sollte doch wissen, dass die Antwort auf den Terrorismus nicht noch mehr Terrorismus sein kann.IAI zu unterstützen, wäre ein gravierender politischer Fehler. IAI ist ein Unternehmen, das in einem Morast der Korruption steckt und wenig Respekt vor Menschenleben zeigt. Es ist das größte Rüstungsunternehmen in Israel; gegen hochrangige Führungskräfte und Betriebsratsmitglieder laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Korruption.
IAI brüstet sich auf Rüstungsgütermessen und in ihren Publikationen immer wieder damit, dass sie ihre Waffen in den besetzten palästinensischen Gebieten teste: zum Beispiel während des israelischen Angriffs auf Gaza im Sommer 2014, der 2.000 Palästinenser – mehrheitlich Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder – das Leben gekostet hat. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen gehen von mehreren Kriegsverbrechen aus.
Menschenrechtsorganisationen haben herausgefunden, dass 497 der von der israelischen Armee in dem Einsatz „Protective Edge“ 2014 in Gaza getöteten Zivilisten, durch Drohnen getötet wurden.[6] Die israelischen Streitkräfte haben dabei die von IAI entwickelte bewaffnete Heron-Drohne eingesetzt. Der Tod, den diese Drohne in Gaza brachte, wird nun vermarktet, um die Drohne dem deutschen Militär zu verkaufen.
Für IAI sind solche Deals, nicht zuletzt zur Legitimierung ihrer Geschäfte, äußerst wichtig. Wie das ECCP (European Coordination of Committees and Associations for Palestine) nachgewiesen hat, durfte die IAI Rüstungstechnologien als zivil nutzbar umwidmen und so illegal in den europäischen Forschungsvertrag Horizon 2020 einbringen.[7] Über die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat IAI bereits die israelische Presse informiert, um ihre Rüstungsgüter an weitere Kunden verkaufen oder verpachten zu können. [8]
Es sollte noch erwähnt werden, dass Waffengeschäfte gewöhnlich auf Gegenseitigkeit beruhen. Deutsche Rüstungsunternehmen können erwarten, dass die israelische Regierung bei ihnen Rüstungsgüter kaufen wird, wenn die Bundeswehr bewaffnungsfähige israelische Drohnen erwirbt. Dies würde zu einer weiteren Bewaffnung des israelischen Militärs mit deutschen Rüstungsgütern und folglich zu einem bundesdeutschen Rüstungsexport in eine Konfliktregion führen.
Israel ist eine Besatzungsmacht im Nahen Osten, die US-amerikanische und europäische Waffen einsetzt, während sie das Völkerrecht verletzt und zivile Ziele angreift. Weder Israel noch andere Staaten in der Region sollten mit Waffen beliefert werden; es sind nicht zuletzt die Waffenlieferungen, die die ohnehin hochexplosiven militärischen Konflikte in der Region verschärfen. Anstatt die Waffenindustrie zu unterstützen, sollte die Bundesregierung sich für eine friedliche Politik einsetzen, die die Sicherheit der israelischen Bevölkerung sowie aller Menschen, die in der Region leben, langfristig garantiert.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, die der Beschaffung der bewaffnungsfähigen israelischen Drohnen zustimmen, machen sich dadurch mit Verbrechen der israelischen Armee gemein.
Wir fordern daher die Abgeordneten im Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Bundestags auf, die Beschaffung der Drohnen abzulehnen.
Die Bundesregierung fordern wir auf, dem Leasing der von der IAI entwickelten Drohnen nicht stattzugeben sowie überdies keine weiteren Rüstungsgeschäfte mit Israel zu unterhalten und alle Waffenlieferungen in Konfliktregionen unverzüglich einzustellen.
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Eine Stellungnahme von Dr. Shir Hever im Namen des Vorstands der Jüdischen Stimme
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Dr. Shir Hever hat in der Frei Universität in Berlin promoviert. Er ist ein Journalist für The Real News Network, und ein Vorstandsmitglied der Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost. Sein nächstes Buch The Privatization of Israeli Security wird bald von Pluto Press in London veröffentlichtet.